Die Euro-Gegner in Großbritannien haben das Unfassbare fassbar gemacht. Kritiker befürchten nun politische Unruhen. Ist der Austritt wirklich so verheerend?
Nach dem EU-Referendum am 23. Juni hat sich Großbritannien entschieden aus der EU auszutreten. Entgegen allen negativen Folgen wird es jedoch auch Profiteure geben:
Währungen
Das britische Pfund ist im Verhältnis zum Dollar auf ein 31-Jahres-Tief gefallen. Doch diese Abwertung des Pfunds kommt dem übermäßigem Zahlungsbilanzdefizit Großbritanniens zugute. Konsumenten außerhalb Großbritanniens werden von niedrigeren Importpreisen profitieren und zu einem Wettbewerbsvorteil für britische Exporteure führen. Dies könnte die Flucht ins Ausland seitens der Unternehmen mindern.
Arbeitsmarkt/Immobilienmarkt
Die Finanzbranche in London, welche überdurchschnittlich viele Nicht-Briten beschäftigt, besteht aus 700.000 Menschen (vgl. 70.000 in Frankfurt am Main). Neusten Umfragen zufolge kann sich ein Drittel der britischen Akademiker eine arbeitsbedingte Emigration aus GB vorstellen. Selbst eine prozentual-geringe Umlagerung von Arbeitsplätzen hätte bereits große Hebelwirkungen auf den deutschen Arbeitsmarkt. Sollte beispielsweise 1% (7.000 Mitarbeiter) der Finanzarbeitsplätze nach Frankfurt verlagert werden, wäre dies ein Zuwachs von 10% für die deutsche Finanzmetropole. Aufgrund der derzeitig schwachen Umsatzzahlen im Finanzbereich käme das Frankfurt am Main sehr gelegen. Auch die Immobilienpreise dürften durch den Wohnungsmangel weiter anziehen. Wir rechnen daher mit einer positiven Entwicklung für den Arbeitsmarkt und den Immobilienmarkt.
Politik
Die politischen Folgen hängen von den zukünftigen Verhandlungen zwischen der EU und GB ab, dürfen aber nicht allzu negativ ausfallen. Die EU wird wahrscheinlich als harter Verhandlungspartner auftreten, um weitere Länder vor einem Referendum abzuschrecken. Kritiker befürchten eine verstärkte nationalsozialistische Tendenz in anderen EU Ländern. Dies ist jedoch zu bezweifeln, da die bereits eingetretenen negativen wirtschaftlichen Folgen für Großbritannien abschreckend wirken werden. Außerdem verfügen viele EU Länder über keine unabhängige Währung, was eine Abspaltung weiter erschwert. Außerdem werden britische Landwirte durch eine Deregulierung der Agrarpolitik, die die Nahrungspreise künstlich derzeit hochhält, als Gewinner hervorgehen.
EU
Großbritannien hat sich bisher als einziges Land gegen eine länderübergreifende Außen- und Sicherheitspolitik ausgesprochen. In Anbetracht der verstärkten Terrorgefahr kann die EU endlich ihre Sicherheitsmaßnahmen erweitern. Zudem ist es sinnvoll, dass die EU außenpolitisch agiert, um z.B. in Fragen der Asylpolitik eine gerechtere Verteilung zu garantieren.
Fazit
Die Folgen des Brexit sind schwer abschätzbar. Es wird sich jedoch in den kommenden 2 Jahren erst einmal nichts ändern. Auch wenn der neue Außenminister Boris Johnson vielen ein Dorn im Auge ist, sollte die Gesamtsituation in Bezug auf die Zukunft Europas nicht zu negativ aufgefasst werden.