Für die beiden börsennotierten Großbanken in Deutschland, die Deutsche Bank und die Commerzbank, startete das Jahr 2016 mit einem dramatischen Kurseinbruch. Laut den Veröffentlichungen bezüglich des letzten Geschäftsjahres verfügt die Deutsche Bank über ein Eigenkapitel in Höhe von ca. EUR 49 Mrd., die Commerzbank über rund EUR 30 Mrd. An der Börse wird die Deutsche Bank aktuell mit EUR 24 Mrd. und die Commerzbank mit EUR 10 Mrd. bewertet. Wie passt das zusammen?
Die Börse bewertet das Ertragspotential einer Bank
Nach der Finanzkrise 2009 wurden die Banken vom Gesetzgeber gezwungen ihr Eigenkapital deutlich aufzustocken, um den Steuerzahler vor teuren Rettungsaktionen zu schützen. Dieser sinnvolle und auch wirksame Schritt verlagert das unternehmerische Risiko einer Bank stärker auf die Aktionäre, was aus marktwirtschaftlichen Gründen durchaus zu begrüßen ist. Darüber hinaus wurden zusätzliche regulatorische Maßnahmen wie neue Meldevorschriften, etc. implementiert, die hohe administrative Kosten verursachen. Manche Geschäfte, zum Beispiel im Investmentbanking, können aufgrund der hohen Risikokapitalanforderungen seitens der Bankenaufsicht nicht mehr getätigt werden. Damit wird den Banken zukünftig Ertragspotential genommen – an diesen Potentialen orientiert sich aber der Börsenkurs.
“Aufgeklärt: Aus diesen Gründen erlitten #DeutscheBank und #Commerzbank einen Kurssturz.“
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Die Frage, ob die Börse mit der Bewertung recht hat oder ob das Eigenkapital in der Bilanz für die Bewertung maßgeblich ist, kann eindeutig beantwortet werden: Die Börse hat recht. Eine bittere Nachricht für die Aktionäre, bedeutet es doch, dass sie pro eingezahlten Euro Eigenkapital, nicht einmal eine Bewertung in Höhe der Hälfte bekommen. Wer soll unter diesen Gegebenheiten einer Bank noch Eigenkapital zur Verfügung stellen, wenn die regulatorische Eigenkapitalanforderung und eine Börsenbewertung so auseinander fallen? Diese Bewertungsdifferenz trifft den Aktionär wie eine Sondersteuer, die einmalig erhoben wird, um die Allgemeinheit vor den Risiken des Bankgeschäfts zu schützen. Bestenfalls könnte man es auch als eine Kaution betrachten, die als Risikomasse zur Verfügung steht. Offen ist, wann der Aktionär dieses Geld zurück erhält. Dazu müssten die Gewinne der Banken in Zukunft so stark steigen, dass die Börsenbewertung das regulatorisch notwendige Eigenkapital erreicht. In anderen Ländern ist dies durchaus der Fall, nur in Deutschland nicht. Eine Steigerung der Gewinne über das Geschäftsvolumen wäre nicht zielführend, da dann erneut zusätzliches Kapital benötigt wird. Vielmehr ist eine Erhöhung der Margen im Bankgeschäft innerhalb Deutschlands dringend notwendig, was aufgrund des Dreisäulenmodells mit Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Privatbanken kaum durchsetzbar ist.
Das Ausland beweist: Eine Börsenbewertung über dem Eigentkapital ist möglich
Solange es Banken gibt, die andere Ziele als die Optimierung des Unternehmenswertes verfolgen, besteht kaum Spielraum für Margen. Der Markt wird langfristig aber einen Weg finden, den Buchwert der Banken mit der Börsenbewertung zusammenzuführen. Folglich muss der Sektor in Deutschland deutlich schrumpfen. Fließt kein neues Kapital mehr in den Sektor, reduzieren sich die Kapazitäten aufgrund der geringen Rentabilität und werden vom Markt genommen – nur so können sich die Margen langfristig verbessern. In Ländern wie den USA oder Großbritannien sind die Margen im Bankgeschäft so auskömmlich, dass die Banken trotz Erfüllung der regulatorischen Eigenkapitalanforderungen eine Börsenbewertung über ihrem Buchwert oder Eigenkapital aufweisen. Aus Sicht eines Vermögensverwalters können Bankaktien damit nicht grundsätzlich als interessante Anlage ausgeschlossen werden. Wie immer kommt es darauf an, in welche Bank man investiert.