Fokushima in Japan war der Auslöser, um in Deutschland den Atomausstieg zu verkünden. Diese kurzfristige politische Entscheidung hat unabsehbare Folgen. Denn solange die Atomkraftwerke am Netz sind, fließen den Versorgungunternehmen Einnahmen aus dem Verkauf des Atomstroms zu. Nach dem Abschalten stellt sich allerdings die Frage, wer für die Kosten des Rückbaus und der Deponierung der noch für 1000 Jahre strahlenden Bestandteile aufkommt.
Es zeichnet sich jetzt schon ab, dass die Rückstellungen der Versorgungsunternehmen und wahrscheinlich auch ihr gesamtes Vermögen dafür nicht ausreichen. Am Ende wird der Steuerzahler zur Kasse gebeten werden. Den Begriff „alternativlos“ kennt der deutsche Steuerzahler bereits in einem anderen Zusammenhang. Weil dies nicht genug ist, kommt auf die Steuerzahler noch eine weitere Last zu, die einen Vergleich mit dem Atomausstieg nicht scheut.
Bankenmodell auf der Kippe
Nachdem die EZB den Zins bis in den negativen Bereich gesenkt hat, funktioniert das Geschäftsmodell zahlreicher Banken nicht mehr. Die meisten Banken leben hauptsächlich von den Zinseinnahmen oder genauer gesagt, vom Zinsergebnis, also den Zinseinnahmen abzüglich der Zinsausgaben. Selbst wenn die Banken ihren Kunden keinen Guthabenzins mehr bezahlen, schmilzt das Zinsergebnis dahin, weil sie bei der Anlage ihrer eigenen Liquidität auch keinen Zins mehr bekommen und sogar Negativzins bezahlen. Die Banken versuchen deshalb entweder den Negativzins an die Kunden weiterzugeben oder die Kontoführungsgebühren entsprechend zu erhöhen.
Ein genauerer Blick in die Bankbilanzen zeigt allerdings, dass der Eisberg, auf den sie auflaufen, erst noch kommt. Genauso wie die Versicherungen halten die Banken einen großen Teil ihres Vermögens in Anleihen, die sie in der Vergangenheit mit noch relativ hohen Zinsen gekauft haben. Diese Anleihen werden nun sukzessive fällig und müssen oft mit negativen Zinsen wieder angelegt werden. So schmelzen die Zinserträge aus den Anleihen dahin.
Das deutsche Arbeitsrecht, langjährige Mietverträge und hohe Fixkosten durch die IT und Regulatorik machen es den Banken kaum möglich, kurzfristig auf diese Situation zu reagieren. Es ist also wie bei den Atomkraftwerken, die Kosten „strahlen weiter“, und die Zinseinnahmen dagegen sind weg.
Keine Marktwirtschaft ohne Banken
Eine Markwirtschaft funktioniert ohne Banken nicht. Die Rettung so mancher systemrelevanter Bank scheint wieder alternativlos zu sein. Nach der Finanzkrise waren die Juristen in Brüssel und Berlin nicht tatenlos. Sie schufen „Das Gesetz zur Restrukturierung und geordneten Abwicklung von Kreditinstituten“. Hilft dies dem Steuerzahler? Nein, natürlich nicht. Das Gesetz hat dazu geführt, dass fast alle systemrelevanten Banken im Rating von A- auf BBB+ heruntergestuft wurden, weil bei einer Restrukturierung die Anleihengläubiger in Anspruch genommen werden. Über Jahrzehnte hatten diese Institute günstige Refinanzierungsmöglichkeiten, weil sie aufgrund Ihrer Größe eine Quasi-Staatsgarantie hatten. Diese hat man nun weggenommen.
Die gesamte Finanzierungsstruktur der deutschen Volkswirtschaft ist auf diese Garantie abgestellt. Es gibt keine Branche, die eine ähnlich geringe Eigenkapitalquote in der Bilanz hat wie die Finanzbranche. Die Quasi-Garantie wurde nun ausgehoben. Dies ist genauso wie bei der Titanic. Dieses Schiff hatte nicht für alle Passagiere Platz in den Rettungsboten, weil es als unsinkbar galt. Nach dem es dann auf hoher See war, mussten die Passagiere leidvoll feststellen, dass es doch sinken kann. Die Banken haben aus historischen Gründen kein ausreichendes Kapital, um sich zu retten. Die gestiegenen Refinanzierungskosten schränken zusätzlich ihre Möglichkeiten ein, Geschäfte zu machen und Kapital zu bilden. Die Situation ist wahrscheinlich für den Steuerzahler wieder alternativlos.